Kurs auf Barbados: Die beiden Schweriner André Kurreck (r.) und Tim Wolf brechen im Juli zu ihrem größten Segelabenteuer auf. Ihr Boot ist zwar hochseetüchtig, aber ziemlich klein. ( Foto Reinhard Klawitter Schweriner Volkszeitung)
Ein bisschen verrückt ist es schon, was die beiden Schweriner Andre Kurreck und Tim Wolf da planen: auf der Kolumbusroute über den Atlantik segeln. Aber nicht im stattlichen Dreimaster, sondern in einem Kleinkreuzer, der gerade mal 7,31 Meter lang und 2,08 Meter breit ist. Selbst erfahrene Segel-Bären schütteln da den Kopf und murmeln Worte wie Riesenwellen, Brecher, Stürme und Nussschale in ihren Bart. Andre und Tim wischen diese Bedenken lächelnd beiseite. Kleines Boot, kleine Kosten, großes Abenteuer – das ist ihr erklärtes Ziel. Und sie sind ganz kurz davor, es zu erreichen.
38 Jahre alt sind sie beide, Wasserbauunternehmer der eine, Cutter und Autoren-Filmer der andere. Andre Kurreck ist sogar schon dreifacher Vater. Zwei gestandene Männer also, doch neben ihrer “Tequlia Sunrise”, dem Boot, das sie über das Weltmeer tragen soll, wirken sie wie aufgeregte kleine Jungen. Voller Abenteuerlust, Vorfreude und Optimismus. Schließlich segeln sie in der bestmöglichen Jahreszeit, haben sich über alle Widrigkeiten schlau gelesen und eine Seenotfunkbarke an Bord, erzählen sie, während sie ihr Boot zur Inspektion zu “Peters” bringen. Einer von vielen Sponsoren, die die beiden Schweriner tatkräftig unterstützen.
Andre Kurreck hat sein Lebtag schon beruflich mit dem Wasser zu tun: Als Bau- und Bergungstaucher war er europaweit bei Wind und Wetter unterwegs. Und wenn er nicht arbeitet, surft er für sein Leben gern. Auf den Malediven, vor Bali, weit weg von Schwerin auf hohen Wellen. Er weiß, wie man sie aussteuern muss, wenn sie gefährlich steil anrollen. Und Tim, der vertraut seinem Freund aus der Heinrich-Heine-Schule einfach.
Der Fahrplan hört sich fast entspannt an: Nach der Hurrican-Saison im November wollen die beiden Schweriner von den kanarischen Inseln aus Richtung Äquator segeln und einen Passatwind erwischen, der sie gemütlich in die Karibik bläst. Am besten mit fünf bis sechs Knoten, bei Sonnenschein, begleitet von Walen, Delfinen und anderen Wundern der Ozeane. Vorher muss das Boot allerdings erstmal auf die Kanaren geschippert werden. Und genau das passiert in den nächsten Wochen. “Wir lassen es aber erst in Portugal zu Wasser”, erklärt Kurreck. “Ich hätte zwar große Lust durch die Biscaya zu segeln, aber zeitlich schaffen wir das nicht.” Schließlich gibt es ja auch noch Job und Familie. Etwa zehn Tage haben Kurreck und Wolf für die erste Tour veranschlagt, die auf La Graziosa endet.
Anfang Juli soll es losgehen, je nach Wetter und Lustfaktor. “Die Tour ist zwar kurz, aber anspruchsvoll”, sagt Kurreck. 700 nautische Meilen (eine Seemeile entspricht 1,852 Kilometern) legen sie dabei zurück. “Zwischen Portugal und den Kanaren herrscht jede Menge Schiffsverkehr. Wir haben kein Radar und müssen deshalb ständig gucken, was da draußen los ist. Auch nachts.”
Der aufregendere Teil beginnt im November. Rund 30 Tage wollen sie dann unterwegs sein, ausgerüstet nur mit dem Nötigsten: wenig Kleidung, einige Bücher, ein Satellititentelefon, Rettungsinsel und diverse Kamerageräte, weil Tim die Atlantiküberquerung professionell filmen möchte. Und natürlich Konserven, die man auf dem Campingkocher erhitzen kann, sowie 120 Liter Trinkwasser. Das macht zwei Liter pro Kopf und Tag, wenn alles gut läuft. Sollten doch Flauten kommen oder Unvorhergesehenes passieren, ist immerhin ein Wasseraufbereiter mit an Bord. Die Länge dieser Strecke: 2700 Seemeilen.
Auf Abenteuerkurs hat übrigens Wilfried Erdmann die beiden Schweriner gebracht. 1958 fuhr er allein mit einem Fahrrad über Südfrankreich, Nordafrika und den vorderen Orient nach Indien. Dort erwachte in ihm der Gedanke zu segeln. Von 1967 bis 1968 umrundete Erdmann als erster Deutscher allein mit dem Segelboot Kathena die Erde. Mittlerweile hat der heute 72-Jährige das auf verschiedenen Strecken wiederholt und ist so zu einer lebenden Segel-Legende geworden. ( Artikel: Maren Ramünke-Hoefer )